Jede Betriebsübernahme eines Familienunternehmens ist eine Herausforderung

Voll besetzt war der Vortragssaal vom Waldhaus an de Mialkwellen in Geven, als Professor Dr. Heiko Kleve, Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) auf Einladung des Unternehmen und Wirtschaftsverbandes UWW und der Kreishandwerkerschaft (KH) Steinfurt-Warendorf zum Thema Nachfolge im Betrieb, Herausforderungen und Lösungen für Unternehmerfamilien referierte.

„Nachfolgelösungen im Familienunternehmen müssen mit Respekt vor der Tradition und der besonderen Situation des jeweiligen Unternehmens und der Familie gefunden werden. Jede Betriebsübernahme ist individuell, es wird keine Standardlösungen geben“, so das Fazit von Prof. Dr. Kleve. „Oftmals schwappen die Emotionen aus der Familie in das eigene Unternehmen mit ein. Auch Gegensätze dürfen nicht immer schwarz oder weiß gesehen werden. Die Unternehmen müssen eine Meisterleistung im Spagat hinlegen und beide Seiten gerecht werden“, ergänzte Kleve.

Bernd Münstermann von der Münstermann GmbH & Co. KG hat diesen Sprung geschafft. Aus eigener Erfahrung berichtete er im Anschluss an den Vortrag über die Betriebsübergabe an seine Nachfolger. Zwei Jahre hatte Bernd Münstermann eine externe Hilfestellung an seiner Seite. Viele Möglichkeiten wurden durchgespielt. „Wo sehe ich mich in der Familie, als Unternehmer und wo meine eigenen Kinder“, erinnerte sich Münstermann. „Wir haben eine Familiensitzung einberufen und offen mit unseren Kindern über Familie und Unternehmen gesprochen“, ergänzte Münstermann. Im Laufe der Zeit fiel einstimmig die Entscheidung auf meinen zweiten Sohn, der die Nachfolge angetreten hat. Nach und nach hat er das Unternehmen und die Unternehmensabläufe kennengelernt. „Nach genau zwei Jahren habe ich mein Amt als Geschäftsführer abgelegt und mein Büro aufgegeben. Das Unternehmen habe ich in den kommenden sechs Monaten während der Betriebszeiten nicht mehr betreten. Das war für mich eine schwere Zeit, aber ich wusste, dass ich meinem Sohn die Zügel in die Hand geben muss und er seine eigenen Erfahrungen machen soll“, sagte Bernd Münstermann. Rückblickend gibt er unumwunden zu, dass es ein nicht einfacher, aber für die Kinder ein erfolgreicher Weg war und er heute mit viel Stolz über die nächste Generation  spricht.

Anja Weßling von der Weßling Gruppe hat aus Sicht der übernehmenden Generation berichtet. Ihr Vater hatte allen Kindern die Möglichkeit gegeben, das Unternehmen zu übernehmen. Familie Weßling hat ebenfalls einen Familienrat gegründet und trifft sich heute noch regelmäßig. Offene Gespräche setzten sie an oberster Stelle. Damit keine Konflikte entstehen, wurde ein Regelwerk eingeführt. Nach und nach stiegen sie und ihre Geschwister in das Unternehmen ein. Bei fast 1.400 Angestellten hat jeder der vier Geschwister seinen eigenen Bereich, der bis zur internationalen Geschäftsleitung geht. „Wir sind zu einem erfolgreichen Team gewachsen und können Familie und Unternehmen sehr gut unterscheiden“, sagte sie.

Frank Tischner, Vorsitzender des UWW, war sehr zufrieden mit der Resonanz auf die Veranstaltung. „Der Vortrag und darauf aufbauend die Erfahrungsberichte wurden von den Zuhörern positiv bewertet.“

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